Von
Dr. Ralf Pund -
Die Ansammlung von Plastikmüll in der Natur ist ein globales Problem. Seine Präsenz wurde in der gesamten Biosphäre und nahezu allen untersuchten aquatischen und terrestrischen Lebewesen nachgewiesen. Im Lebensraum Wasser vorhandenes Plastik kann von Wasserorganismen mit Nahrung verwechselt und aufgenommen werden. Die Schadwirkung ist abhängig von der aufgenommenen Menge und Größe. So kann es bei Seevögeln und Meeressäugern durch Verschlucken von Makroplastik zu Darmverschlüssen und Schädigungen der Darmwand unter Abmagerung kommen.
Desweiteren können aufgenommene Mikroplastikpartikel bei Fischen und wirbellosen Meerestieren lokale Gewebeentzündungen verursachen und deren Körperfunktionen negativ beeinflussen. Daneben stehen die in den Mikroplastikpartikeln a priori enthaltenen Additive und die vom Plastik aus dem Medium Wasser resorbierten Umweltschadstoffe in Verdacht, nach ihrer Ingestion toxische Wirkungen in den Organismen zu entfalten. In einigen Untersuchungen gelang der Nachweis der Weitergabe von Mikroplastik entlang der Nahrungskette, z. B. von Muscheln zu Krebstieren. Mikroplastik wurde ebenso in einer Vielzahl von Fischereierzeugnissen nachgewiesen: Bei Untersuchungen von gefangenen, gezüchteten sowie im Experiment gehaltenen Fischen und Meeresfrüchten (Krebse und Weichtiere) konnte eine Anhäufung von Mikroplastikpartikeln im Darmlumen und zum Teil in den inneren Organen nachgewiesen werden, die zu Störungen elementarer physiologischer und biochemischer Körperfunktionen führten (Stoffwechsel-, Immun- oder Fortpflanzungsystem). Besonders deutlich zeigte sich dies u. a. bei Miesmuscheln, die aufgrund ihrer filtrierenden Ernährungsweise Mikroplastikpartikel effektiv aufnehmen und im Körper ablagern können.
Das Risiko, mit dem Fischverzehr Plastikpartikel aufzunehmen, ist für den Menschen gering, da i. d. R. nur das Filet und nicht die Organe verzehrt werden. Bei Muscheln, die meistens als Ganzes mit den inneren Organen verzehrt werden, ist die Wahrscheinlichkeit einer Aufnahme von Mikroplastikpartikeln größer als bei Fischen. In einer aktuellen Untersuchung konnte jedoch bei Nutzfischen ein Übergang von Mikroplastikpartikeln in das essbare Gewebe und in die inneren Organe nachgewiesen werden (sog. Translokation). Inwieweit dieser Befund für die Gesundheit des Menschen eine Rolle spielt, kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden. Aufgrund des Fehlens belastbarer Daten ist eine gesundheitliche Risikobewertung für den Verzehr von mit Mikroplastik kontaminierten Lebensmitteln bzw. Fischereierzeugnissen derzeit beim Menschen nur eingeschränkt möglich und basiert letztlich auf Analogieschlüsse. Studien an Laborsäugern zeigten nur für Mikropartikel unter einer Größe von 150 µm eine Überwindung der Darmbarriere, eine Einlagerung in die Organe ist erst bei sehr kleinen Partikeln unter 1,5 µm zu erwarten. Inwieweit Mikroplastikpartikel per se und/oder die daraus freigesetzten Additive beim Menschen eine Schadwirkung verursachen können, ist derzeit unbekannt.
Umfang: 46 Seiten
, Grösse: 4.17 mB, Sprache:
deutsch