Mit Ihrem Thema “Kreislaufwirtschaft – aber natürlich! ” leisten Sie einen Beitrag zu unserer Tagung Umwelt- und umfeldgerechte Kunststoffverpackungen durch Kreislaufwirtschaft im Mai in Würzburg. Was genau werden Ihre Kernaussagen sein?
Die Kernaussagen werden sein: Der perfekte Kreislauf im Hinblick auf eine CO2 Neutralität wird von der Natur seit jeher praktiziert. Diese ist sicher ein bestrebenwertes Ideal. Unsere industriellen Prozesse vollziehen diesen Kreislauf aus unterschiedlichsten Gründen jedoch nur bedingt. Daher müssen wir unsere Produkte entweder optimal für das Recycling gestalten oder aber bei Produkten, die in der Natur verbleiben, biologisch abbaubare Lösungen anbieten. Wichtig ist in beiden Fällen, dass nachwachsende Rohstoffe zum Einsatz kommen.
Sie werden in Würzburg über das s. g. Drop-in sprechen. Was bedeutet das im Kontext mit Biopolymeren und der angestrebten Verbesserung der Kreislaufwirtschaft?
Unter Drop-Ins versteht man im Allgemeinen biobasierte Kunststoffe, die chemisch identisch zu ihren erdölbasierten Pendants sind, Beispiele sind biobasiertes PE oder PET. Diese haben den Vorteil, dass sie in bestehende Recyclingkreisläufe unmittelbar integriert werden können. Und sie gehen noch einen Schritt weiter: Wenn diese biobasierten Kunststoffe später thermisch verwertet werden, dann emittieren sie nur die Menge an CO2, welches die Pflanze im Laufe ihres Wachstums aus der Atmosphäre gebunden hat. Dies trifft auf erdölbasierte Kunststoffe nicht zu.
Die Kunststoffverpackung dient in erster Linie dem Produktschutz und beugt somit Lebensmittelverschwendung vor. Trotzdem tendieren Medien und auch die öffentliche Meinung in jüngster Vergangenheit immer mehr zu Negativ-Darstellungen von Verpackungen insgesamt. Neben Umweltrisiken werden auch immer wieder Gesundheitsrisiken bemängelt. Wie schätzen Sie das Aufwand-Nutzen-Verhältnis von Verpackungen allgemein und von Kunststoffverpackungen insbesondere ein?
Kunststoffverpackungen leisten einen wichtigen Beitrag zum Produktschutz und zur Haltbarkeit von Lebensmitteln. Jedoch müssen wir uns fragen, ob jede Verpackung notwendig ist, ein kompliziertes Mehrschichtkonstrukt benötigt wird oder aber ob wir nicht zu einfacheren und damit leichter recycelbaren Verpackungen zurückkehren können.
Deutschland belegt mit 220,5 kg produziertem Verpackungsmüll pro Einwohner und Jahr einen traurigen Spitzenplatz in Europa (zum Vergleich: Der EU-Mittelwert liegt bei 167,3 kg). Welche Besonderheit steckt Ihrer Meinung nach hinter dieser Zahl?
Nach meinem Kenntnisstand liegt das unter anderem an den Portionierungsgrößen, insbesondere an kleinen Verpackungsgrößen. Dies ist wohl auch bedingt durch die große Dichte an Single-Haushalten.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat einen „5-Punkte-Plan“ mit Maßnahmen für weniger Kunststoff und mehr Recycling vorgestellt. Dieser sieht gesetzliche und freiwillige Maßnahmen zur Vermeidung von Plastik vor. Sie hat kein Verständnis dafür, wenn Gurken in Folien eingeschweißt und Obst und Gemüse in Kunststoffverpackungen abgepackt sind. U. a. soll mehr Ware unverpackt angeboten und private Mehrweg-Behälter an der Frischetheke ermöglicht werden. Dass Folienverpackungen dem Produktschutz dienen und der Lebensmittelverschwendung vorbeugen, scheint sie dabei nicht zu bedenken. Was halten Sie von diesem Plan?
Siehe Antwort Nr. 3
Ist Recycling für Sie der richtige Weg raus aus der Packmittel-Diskussion?
Recycling ist ein wichtiger Baustein in der Kreislaufwirtschaft. Kunststoffe sind schließlich auch Rohstoffe und diese gilt es, in verschiedenen Lebenszyklen zu nutzen. Wenn also Verpackungen bzw. Produkte grundsätzlich recyclingfreundlicher gestaltet werden, hat das natürlich Vorteile – auch im Hinblick auf die Packmittel-Diskussion.
Welche Maßnahmen müssen die „Inverkehrbringer“ von Verpackungen ergreifen, um eine ausgewogenere Diskussion zu erreichen?
Den meisten Verbrauchern ist der positive Nutzen (Schutz, Verlängerung der Lagerbarkeit) von Verpackungen nicht bekannt, sie sehen nur die „Müllberge“, die sich in ihrem privaten Haushalt türmen. Die Vorteile und Nutzen von Verpackungen müssten besser vermittelt werden. Aber auch die Reduzierung von Verpackungen ist ein weiterer Aspekt, ebenso wie ein Verpackungsdesign, das sich leicht trennen bzw. recyclen lässt.
Wie werden umwelt- und umfeldgerechte Verpackungen in 10 oder sogar 20 Jahren aussehen?
Ich vermute, wir kommen auch um eine Reduzierung von Verpackungen nicht herum. Zudem könnte es eine Mischung aus Neuware, biobasierten Werkstoffen und Rezyklaten sein.
Achten Sie auf eine optimale Verpackung, wenn Sie privat einkaufen? Und wie sieht die für Sie aus?
Ich achte bewusst darauf, dass ich keine unnötigen Verpackungen kaufe. Tragetaschen kaufe ich schon lange nicht mehr, sondern nehme den Jutesack. Die optimale Verpackung ist schwierig zu definieren. Aber ich frage mich oftmals, ob diese Art der Verpackung in diesem Maße für das Produkt wirklich benötig wird.
Wie genau nehmen Sie es persönlich mit der Mülltrennung? Und wie wichtig stufen Sie als Verbraucher und Fachmann die Mülltrennung ein?
Mülltrennung ist eine wichtige Sache. Organische Abfälle sind genauso Wertstoffe wie Kunststoffabfälle. Wenn wir also eine Kreislaufwirtschaft etablieren wollen, dann müssen wir all diese Wertstoffe einem weiteren Nutzen zuführen, bevor diese (Stand heute) letztendlich dann doch thermisch oder anderweitig verwertet werden.
Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Was begeistert Sie außerhalb Ihres Berufes?
Ich klettere leidenschaftlich gern. Daneben beschäftige ich mich auch mit diversen philosophischen und gesellschaftlichen Aspekten sowie mit Zukunftsthemen, wie z. B. Ressourcenverknappung.
Patrick Zimmermann studierte an der Fachhochschule Aachen Maschinenbau mit Schwerpunkt Energie- und Umweltschutztechnik, spezialisiert auf Abfallbehandlung und Abfallmanagement von gefährlichen und nuklearen Substanzen. Zudem absolvierte er ein postgraduales Studium an der Fernhochschule Hamburg zum Diplom- Wirtschaftsingenieur mit Schwerpunkt Risikomanagement.
In den vergangenen 16 Jahren war Patrick Zimmermann maßgeblich an der globalen Marktentwicklung und der Vermarktung des kompostierbaren und biologisch abbaubaren Produktportfolio der FKuR beteiligt. Er ist außerdem verantwortlich für die Vermarktung des FKuR- Distributionsportfolios, wie Green PE oder Bio PA. Im Rahmen der globalen Marketing Strategie der FKuR war er unter anderem für den Aufbau der US- Niederlassung verantwortlich. Seit August 2015 ist er zudem Geschäftsführer der FKuR Polymers GmbH, eines Herstellers von kundenspezifischen Polyolefin- und TPE Compounds.
Geschrieben am 03. Mai, 2019
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